Unterwegs in der Ferienregion.
Heilkräuter sammeln mit Arturo Fasciati
Bivio. Ein herrlicher Sommertag bricht an. Der Himmel ist stahlblau, die Temperatur angenehm warm. Zwischendurch weht ein kühles Lüftchen. Arturo Fasciati ist mit seiner Gruppe unterwegs zur Alp Valletta.
Das Ziel ist aber nicht die schöne Alp, sondern der vielzitierte Weg – oder besser gesagt: die zahlreichen Heilpflanzen, die am Wegrand wachsen. Von wunderschönen, seltenen, farbigen bis zu giftigen Pflanzen und Blumen ist fast alles zu finden. Heute geht es hauptsächlich um verdauungsfördernde Küchenkräuter wie zum Beispiel Enzian.
«Es gibt über 3000 heimische Heilpflanzen, die genau beschrieben sind», sagt Arturo. «Doch es reicht auch, wenn du ein paar wenige davon kennst. Du kannst mit Löwenzahn und Brennnessel beginnen, Spitzwegerich, Thymian und Wachholder hinzunehmen und schon kannst du deine eigene Medizin machen. Entscheidend ist, dass du die Pflanze, die du nutzen willst, kennst».
Mit allen Sinnen wahrnehmen
Der erfahrene Naturheilpraktiker möchte den Leuten vermitteln, wie einfach es ist, heimische Heilpflanzen zu nutzen. «Viele wachsen direkt vor unseren Haustüren. Am besten lernt man sie kennen, wenn man die Kräuter und Blumen mit allen Sinnen wahrnimmt. Sie nicht nur genau betrachtet, sondern an ihnen riecht, sie in den Fingern reibt und auf der Zunge schmeckt.»
Die Wanderung führt von der Alp Valletta weiter Richtung Columbansee. Die bunt durchmischte Gruppe sammelt wilden Kümmel, Thymian und einiges mehr, um Würzpulver und Kräuterbutter daraus herzustellen. Am Mittag rasten die Kräutersammler*innen am rauschenden Eva da Valletta. Die zermahlenen Wildkräuter werden unter die aufgeweichte Butter gemischt; bevor es ans Probieren geht, wird die frische Kräuterbutter im Bachwasser gekühlt.
Unterdessen verteilt Arturo Kräutertees zum Degustieren. Sie haben verschiedene Farben und schmecken von bitter und scharf über dezent und süss bis zu blumig und erfrischend. Wer weiss, was für Kräuter im jeweiligen Tee verwendet wurden?
Nach der Mittagspause macht sich die Gruppe auf die Suche nach Wurzeln. Genauer gesagt nach der Wurzel des Schlangen-Knöterichs, um daraus ein Amulett herzustellen.
Es braucht ein gutes Gespür
Arturo hat sich sein breites Wissen über heimische Heilpflanzen selbst beigebracht. Aus Interesse an der Naturmedizin und einem gesundheitsbejahenden Lebensstil. Er hat Bücher von berühmten Naturmedizinern wie Pfarrer Künzle, Hildegard von Bingen, Paracelsus und anderen studiert. Vor allem aber war und ist er oft in der Natur, sammelt Pflanzen, verarbeitet sie zu Tees, Salben und Tinkturen und erforscht ihre Wirkung.
Er sagt: «Pflanzenheilkunde ist nicht einfach Wissen aus Büchern anwenden, sondern hat viel mit Gespür und Erfahrung zu tun.» Genau darum leitet er so gerne Kräuterwochen und Workshops. Er findet es spannend und lehrreich, sich über die Wirkung einer Heilpflanze auszutauschen, die eben nicht bei jedem Menschen gleich ist.
Vom Elektroniker zum Naturheilpraktiker
Arturo Fasciati ist als Bauernsohn in Bivio aufgewachsen, wo er dem Vater stets beim Heuen und mit den Kühen half. Er war somit von klein auf mit den Vorgängen in der Natur vertraut, zu seiner Leidenschaft für Heilkräuter fand er jedoch erst später. Zunächst liess er sich zum Elektroniker ausbilden. Nach der Lehre ging er in den Aussendienst und kam weit in der Welt herum. Er lernte andere Kulturen und andere Lebensstile kennen und sah, dass es auch anders als im sogenannten Westen geht – einfacher, bewusster, naturnaher, gesünder.
So bekam er genug vom Maschinenflicken. Er wollte einen neuen Beruf lernen und etwas tun, womit er Menschen helfen kann. Er interessierte sich vor allem für die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und machte eine Ausbildung zum Naturheilpraktiker. Heute ist er eidgenössisch diplomierter Naturheilpraktiker TCM mit über 20-jähriger Erfahrung.
Er sagt: «Die Stärke der Naturmedizin ist, dass sie das Kranke verhindert, indem sie das Gesunde erhält. Die Schulmedizin hingegen fängt erst an, wenn ein Mensch krank wird.» Arturo geht es aber nicht um Schulmedizin contra Naturmedizin, sondern um Verständnis über Gesundheit und Natur. Er will den Leuten vermitteln, wie sie ihre Gesundheit pflegen und fördern können, um auch im Krankheitsfall davon zu profitieren. Das ist der Grund, warum er sein Heilkräuterwissen gerne weitergibt.
Ortskenntnis ist wichtig
Wenn man mit Arturo unterwegs ist, fällt seine in sich ruhende Art auf. Er strahlt Zufriedenheit aus und immer wieder kommt ein verschmitztes Lächeln zum Vorschein. Er ist ein guter, aufmerksamer Beobachter und geht auf die Kursteilnehmenden ein. Kräuterkurse führt er am liebsten in seiner Heimat Bivio durch, weil er die Gegend in- und auswendig kennt und genau weiss, wo man welche Pflanzen finden kann. Ortskenntnis sei wichtig, weil das Pflanzenvorkommen von Region zu Region sehr unterschiedlich sein kann. Darum rät er kräuterinteressierten Leuten, immer am gleichen Ort zu suchen und zu sammeln. So lerne man die Pflanzen am besten kennen.
Bivio ist voller Heilpflanzen
Zudem bietet Bivio eine unglaubliche Artenvielfalt und Fülle an Heilpflanzen. «Hier haben wir Magerwiesen und Fettwiesen, Weiden und Wälder, Feuchtgebiete und Trockengebiet. Und überall wachsen andere Kräuter und Blumen.» Auf seinen Wanderungen geht er auf die unterschiedlichen Arten der Wiesenbewirtschaftung ein und zeigt, wo Kulturland aufhört und Wildnis beginnt.
Arturo Fasciati wohnt zusammen mit seiner Frau Chen-Yi und den beiden gemeinsamen Töchtern in Bivio. Chen-Yi (genannt Pingping) stammt aus Taiwan und ist als Kunstmalerin tätig. Im Sommer 2024 wird sie ihre Werke wiederum in der Sala Segantini in Savognin ausstellen. Kennengelernt haben sich die beiden in China, als Arturo ein Praktikum in Akkupunktur absolvierte.
Impressionen
Nach dem Sammeln folgt der Genuss. Die Heilkräuter werden zusammen mit Arturo in der Hotelküche zu einem feinen Nachtessen verarbeitet.
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Kräuterwanderungen mit Arturo Fasciati
Freitag, 4. August - Sonntag, 6. August 2023. 3 Tage CHF 180, einzelne Tage CHF 80.-. Anmeldunge bei Arturo Fasciati +41 684 10 27.