Unterwegs in der Ferienregion
Patrick Heer – der Käser von Savognin
5.30 Uhr in der Früh. Noch ist es dunkel und ruhig in Savognin. In der «Nossa Caschareia» herrscht bereits emsiges Treiben. Käser Patrick und sein Gehilfe Sebastian arbeiten in der hell erleuchteten Käserei, wo Apparaturen aus Chromstahl im grellen Licht aufblitzen. Der Boden ist nass, die Luftfeuchtigkeit hoch, da die Geräte und Maschinen immer wieder mit Wasser abgespritzt und gereinigt werden. Heute werden der beliebte Savogniner Heumilchkäse und Chili-Mutschlis hergestellt. Was dazu noch fehlt, ist die Milch. Sechs Bauern aus der nahen Umgebung bringen jeden Morgen frisch gemolkene Milch von Kühen, die nur Heu fressen und kein Silofutter erhalten.
In den Sommermonaten, wenn die Kühe auf den Alpen weiden, fliesst das «weisse Gold» sogar über Milchpipelines direkt in die Käserei. Als erster kommt Claudio Dosch, rund 1‘000 Liter hat er heute in seinem Milchwagen geladen. Über einen Schlauch läuft die Milch in die Waage. Nachdem Patrick die Menge registriert hat, lässt er sie in einen grossen Behälter weiterlaufen, ins Kessi. Unterdessen nimmt Claudio wie bei jeder Lieferung eine Probe von seiner Milch, die danach eingefroren wird. «Das ist eine Sicherheitsmassnahme, damit nachvollzogen werden kann, von wem die Milch stammt, falls einmal etwas nicht in Ordnung wäre», erklärt Patrick.
Käser mit Leib und Seele
Patrick Heer ist Käser mit Leib und Seele. Er mag seinen Beruf, weil er am Abend sieht, was er getan hat, und Nahrungsmittel herstellen darf, an denen Menschen Freude haben. Er arbeitet gerne mit den Händen und hat ein Flair für Maschinen und Mechanik, was in einer modernen Käserei ebenfalls wichtig ist. Käser sei aber auch ein anstrengender Beruf, körperlich und mental. «Du musst immer bei der Sache sein. Denn die Verarbeitung von Milchprodukten bedarf grosser Sorgfältigkeit. Bereits kleine Abweichungen im Prozess beeinflussen das Produkt oder können ihm schaden», so der Fachmann. Wird die Käsemasse beispielsweise mit 42 statt 40 Grad abgefüllt, entsteht ein anderer, härterer Käse.
Von Luzern ins Val Surses
Patrick, der aus Ruswil im Kanton Luzern stammt, führt die Käserei seit Dezember 2018. Damals wurde die traditionelle Savogniner Dorfkäserei neueröffnet und die Genossenschaft «Nossa Caschareia» suchte einen kompetenten Käser, der den Kleinbetrieb eigenverantwortlich führt. «Als ich das Inserat sah, habe ich sofort angerufen. Denn eine solche Stelle, wo man selbständig arbeiten und Ideen einbringen kann, findet man nur selten. Oft sind Käsereien Familienbetriebe, die vom Vater zum Sohn weitergegeben werden, oder Grossbetriebe der Industrie.» Patrick und die Genossenschaft waren sich sofort einig. Auch dass seine Frau Astrid im Laden der «Nossa Caschareia» arbeiten kann, stimmte für alle. Und so zog das Paar nach Savognin.
Davor war die Käserei zwei Jahre geschlossen, da der damalige Betreiber, eine Tochterfirma der Migros, den Standort Savognin aufgegeben und den Vertrag mit der lokalen Milchgenossenschaft nicht verlängert hatte. Die Bauern nahmen die Milchverarbeitung folglich selber in die Hand. Keine Käserei mehr im Dorf zu haben und die Milch in die Surselva zu fahren, war keine Option. Also investierten sie in die Einrichtungen und brachten die «Nossa Caschareia» auf den neuesten Stand. Heute steht für die Bauern fest: Die Milch in der Region zu verarbeiten, war die richtige Entscheidung, «in der Region, für die Region».
Vollautomatisierte Anlage
«Mit der neuen, vollautomatisierten Anlage zu arbeiten, ist super», sagt Patrick. «Wir können grosse Mengen an Käse, Joghurt, Butter und nach Bedarf Rahm herstellen. Wir sind sehr flexibel und können Neues ausprobieren.» Zum Beispiel Savogniner Weinkäse oder Mutschlis mit Chili oder Zitronenpfeffer.
«Die Genossenschaft macht mir einzig die Vorgabe, den bekannten und beliebten Savogniner Käse herzustellen. Bei allem anderen bin ich frei, das gefällt mir.» Nachdem der letzte Bauer seine Milch angeliefert hat, ist es kurz vor 7.30 Uhr. Patrick kontrolliert nochmals die gesamte Milch im grossen Kessi, die nun unter Rühren langsam erwärmt wird. Um die Gerinnung einzuleiten, wird Lab hinzugemischt. Das Ergebnis der sogenannten Dicklegung ist eine gallertartige Masse.
Frühstück mit der Familie
Um 7.30 Uhr geht Patrick einen Stock höher in seine Wohnung, um mit seiner Frau Astrid und den beiden Töchterchen zu frühstücken. Die vierjährige Lina und zweijährige Matea begrüssen ihren Papi mit strahlenden Augen. Patrick kann sich etwa bis 8 Uhr Zeit für seine Liebsten nehmen. Dann beginnt das Vorkäsen. Die gallertartige Masse wird weiterverarbeitet und die Käseharfe kommt ins Spiel: Mit ihr wird die Masse zerschnitten und der Käsebruch entsteht. Dieser wird gerührt und erwärmt. Ist die gewünschte Temperatur erreicht, wird die körnige Masse in Formen gepresst, die Chili-Mutschlis von Hand, der Savogninerkäse mit der grossen Maschine.
Nach etwa einer Stunde wird die Käsemasse erneut gepresst und anschliessend ins Salzbad gelegt. Zwei Stöcke tiefer werden die Käselaibe schliesslich gelagert, damit sie reifen können. Dort arbeitet Manuel, der die Laibe bürstet, wäscht oder mit Edelschimmel behandelt.
Skifahren und Jodeln
Im Val Surses fühlen sich Patrick und seine Familie sehr wohl. Sie gehen gerne in die Natur und schätzen das vielfältige Angebot, das sie in nächster Nähe finden: das Kinderskiparadies La Nars oder im Sommer den Badesee Lai Barnagn. Immer ein Highlight ist für Patrick, wenn Freunde aus der Innerschweiz zu Besuch kommen, um gemeinsam auf die Skipiste zu gehen. Was er im Val Surses vermisst, ist die Fasnacht und das Jodeln, für das er als vielbeschäftigter Käser und Familienvater im Moment kaum mehr Zeit findet.
Text: Bettina Bergamin und
Franco Furger
Fotos: Bettina Bergamin
Führung in der Nossa Caschareia
Die «Nossa Caschareia» bietet im Sommer oder auf Anfrage Führungen an.
Die Käserei verarbeitet jährlich mehr als 1.4 Mio kg Milch und beschäftigt 5 Vollzeit-Angestellte. Mehr erfahren: www.nossa-caschareia.ch