Unterwegs in der Ferienregion.
Mario Scarpatetti – Uhrmacher mit viel Erfindergeist
Mario Scarpatetti war schon als Kind von Uhren fasziniert. Er liebte es, Wecker auseinander und wieder zusammenzuschrauben. Das gute Gefühl, wenn die Zeiger wieder anfangen zu ticken, hat ihn seither nie mehr losgelassen – denn Mario wurde Uhrmacher. Vor einem Jahr hat sich der 30-Jährige selbständig gemacht und betreibt neben seiner Tätigkeit in einem Fachgeschäft in Buchs eine eigene Uhrmacherei in seinem Heimatdorf Parsonz.
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Ein besonderes Handwerk
Eine Uhrmacherei in Parsonz! Diese will ich mit eigenen Augen sehen und verabrede mich mit Mario. Als ich sein Haus betrete, fühle mich wie in meine Kindheit zurückversetzt. Möbel, Geschirr, Bilder, Holzschlitten, Lampen: so als wäre nie etwas verändert worden. Mario führt mich durch verschiedene, mit viel Liebe eingerichtete Räume. Und dann: «tick tack», «tick tack». Wir sind in Marios Werkstatt angelangt, wo verschiedenste Uhren an der Wand hängen und herumstehen, grosse und kleine, prunkvolle und filigrane. Bestimmt hätte jede ihre eigene Geschichte zu erzählen, und gerne würde ich zuhören… Doch nun wird meinem Gastgeber zugehört und zugeschaut.
Mario strahlt übers ganze Gesicht und man spürt die Leidenschaft, die er für dieses besondere Handwerk hat. Er nimmt ein kleines Uhrwerk zur Hand, klemmt sich die Lupe unters rechte Auge und greift sich ein Werkzeug. Der Uhrmacher beginnt, das Uhrwerk in seine Einzelteile zu zerlegen, die so winzig klein sind, dass ein Räusperer genügen würde, um sie wegzuwehen. Darum verstaut er die Rädchen und Plättchen sofort unter einem Glasdeckel, nachdem er sie sorgfältig begutachtet hat.
Läuft sie, oder läuft sie nicht?
Das Auseinandernehmen des Uhrwerks ist Marios liebster Arbeitsschritt. «Wenn ich die Einzelteile vor mir sehe, beginnt in meinem Kopf bereits die Fehlersuche», sagt er. Doch bevor er das Uhrwerk wieder zusammenbauen kann, müssen die winzigen und wertvollen Teile in die Reinigung. Sie werden in einer Mischung aus Reinigungsmitteln und Alkohol sorgfältig gebadet. Mario nimmt dafür auch ein kleines Küchensieb zu Hilfe.
Nach dem Reinigungsbad zeigt mir Mario, wie er die Uhr wieder zusammensetzt. Eine Millimeterarbeit, wo alles aufs Präziseste passen muss. Das Zifferblatt ist antik und wunderschön dezent, die Zeiger bestehen aus einem Hauch von Nichts. Mario arbeitet ruhig und konzentriert, jeder Handgriff sitzt. Und dann die spannende Frage: Läuft sie wieder oder nicht? Mario zieht die Uhr auf und siehe da – sie läuft.
Uhren wieder zum Leben erwecken
«Das ist jedes Mal ein gutes Gefühl», lächelt Mario, «vor allem, wenn jemand schon probiert hat, diese Uhr zu reparieren, es aber nicht geschafft hat.» Uhren wieder zum Leben erwecken. Das reizt und fasziniert ihn an seiner Arbeit besonders – oder besser gesagt: an seiner Passion. Denn für Mario ist Uhrmacher nicht einfach sein Beruf, sondern gleichzeitig sein Hobby und seine grosse Leidenschaft.
Er sagt: «Bei jeder Uhr gibt es einen Moment, wo ich merke: Es klappt. Schon bald wird sie wieder laufen und ticken.» Wenn möglich bringt Mario die reparierten Uhren persönlich zu den Kunden nach Hause. «Ihre Freude zu sehen, ist ein unbeschreibliches Gefühl. Für meine Kunden sind die Uhren meist von unbezahlbarem Wert, da persönliche Erinnerungen damit verbunden sind.»
Eine Umdrehung in 400 Jahren
Alte, mechanische Uhren zu reparieren und restaurieren, ist seine Haupttätigkeit. Doch wann immer er Zeit findet, tüftelt Mario an eigenen Uhrwerken herum und konstruiert solche mit ausgefallener Mechanik. Besonders stolz ist er auf seine Uhr mit einem ewig laufenden Kalender – dem «Calender Perpeten», wie Mario seine Erfindung nennt.
Diese Uhr erkennt Schaltjahre und weiss auch, ob ein Jahrhundert oder Jahrtausend ein Schaltjahr ist oder eben nicht. Mario hat dazu ein Rad eingebaut, das sich nur einmal in 400 Jahren dreht. Eine Weltneuheit, für die er mit dem Preis «Young Talent Competition 2021» ausgezeichnet worden ist, ein Wettbewerb für junge Uhrmacherinnen und Uhrmacher aus der ganzen Welt. Bisherige ewige Kalender von renommierten Herstellern funktionieren nur einhundert Jahre ohne Korrektur. Die von Mario erfundene und gebaute Uhr funktioniert theoretisch bis im Jahre 9999 ohne das Datum korrigieren zu müssen.
21 Kilogramm schwerer Stein
Auf die Idee für diese komplexe Mechanik kam er während einer Zugfahrt. Bis zur Vollendung der Uhr sind fünf Jahre vergangen. Während dieser Zeit hat Mario Bestandteil um Bestandteil in traditioneller Handarbeit hergestellt. Das Uhrwerk besteht aus 53 ineinandergreifenden Zahnrädern und insgesamt 570 Einzelteilen. Allein dafür hat er rund 1000 Stunden investiert. Ebenfalls aussergewöhnlich ist, dass die Uhr mit einem 21 Kilogramm schweren Stein angetrieben wird. «Ich liebe es, zu tüfteln, fräsen, aussägen, feilen und zu schrauben», meint Mario, der davon träumt, einmal eine eigene Uhrenmarke zu gründen und vom Uhrenbauen leben zu können.
Vielen lieben Dank Mario. Der Einblick in deine Uhrmacherei war sehr interessant und ab jetzt werde ich mich beim Anblick jeder Uhr fragen, wie ihr Innenleben wohl aussehen mag. Hör bitte nie auf mit dem Tüfteln lieber Mario.
Mario hat übrigens auch eine Webseite: https://uhrhandwerk-mario-scarpatetti.business.site/
Angraztg fitg ed alla proxima.
Seraina
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