Unterwegs in der Ferienregion.
Bei Julia und Armin auf der Alp d’Err
Mit dem E-Bike geht’s Richtung Val d’Err. Wir wollen Julia und Armin besuchen, die Sennin und den Älpler der gleichnamigen Alp. Rechts und links springen immer wieder Murmeltiere von ihren warmen Plätzchen schnell ins sichere Loch. Vögel zwitschern, der Bergbach plätschert, die Sonne wärmt – einfach herrlich. Und ganz hinten leuchtet weiss die Bergflanke mit Piz d'Err, Piz Laviner und Piz Jenatsch. Was für eine traumhafte Kulisse!
Wir erreichen die Alp d’Err auf 2'179 m. Julia und Armin begrüssen uns herzlich. Und auch ihre vier gemeinsamen Kinder lächeln uns neugierig, aber noch etwas scheu an. In den Sommermonaten lebt und arbeitet die Familie, die aus dem Südtirol stammt, hier auf der Alp. Das Paar führt den Bio-Alpbetrieb und das «Agroturissem Alp d’Err» mit zwei Angestellten. Während der Alpzeit weiden hier oben zwischen 100 und 110 Milchkühe. Deren Milch, etwa 90'000 bis 100’000 Liter je nach Sommer, wird in der Sennhütte zu verschiedenen Käsesorten, Rahm, Butter und Joghurt verarbeitet, die dabei anfallende Molke den Alpschweinen verfüttert.
2 Zimmer mit je 8 Schlafplätzen
Die Arbeitstage sind lang und anstrengend. Unterstützt werden Julia und Armin von den beiden Mitarbeitenden Bernhard und Eliana. Los geht’s um 4.30 Uhr. Tagtäglich. Armin geht melken, während Julia das Holzfeuer fürs Käsen entfacht. Er ist für die Tiere, die Weidezäune und den mobilen Melkstand zuständig; sie kümmert sich in erster Linie um die Sennerei, das Alpbeizli und seit letztem Sommer um das neue Übernachtungsangebot auf der Alp d’Err. Letzteres richtet sich insbesondere an Wandergäste, die auf dem Parc Ela Trek unterwegs sind. Für die im letzten Jahr eröffnete Weitwanderung (17 Tagesetappen) wurden auch neue Übernachtungsorte geschaffen – wie diejenige hier auf der Alp d’Err. Eines der beiden Alpgebäude ist innen komplett saniert worden, entstanden sind eine neue geräumige Küche mit Essbereich sowie 16 Schlafplätze. Alles ist in hellem Holz gehalten und sehr behaglich umgesetzt.
Bei Tag oder über Nacht besuchen
Übernachtungsgäste erhalten abends ein feines warmes Menu mit eigenen Alpprodukten wie Raclette, Alpbutter oder selbstgemachtem Brot. Auch auswärtige Gäste können auf Vorbestellung ein Abendessen geniessen. Wer die Alp d’Err tagsüber besucht, isst Käse- und Fleischplättli, Spiegeleier oder Meringues. Und natürlich kann man die vor Ort hergestellten Produkte aus Julias Sennerei kaufen: Frischkäse, Mutschlis, Gorgonzola, Camembert, Raclette, Joghurt, Butter. Jeweils am Donnerstag bringt das Älpler-Team Alpkäse und Butter ins Tal, die dann im Volg, Spar und der Metzgerei Peduzzi verkauft werden.
Parc Ela Trek zieht neue Gäste an
Julia Schwienbacher und Armin Pilser bewirtschaften die Alp d’Err bereits im neunten Sommer. Rückblickend hat sich viel verändert in dieser Zeit: Umstellung auf Bio, Totalsanierung der Sennerei, Anschaffung eines mobilen Melkstands – und nun der Umbau zum Etappenort des Parc Ela Treks.
Armin sagt: «Tagsüber kommen vor allem Stammgäste auf die Alp. Bei den Übernachtungsgästen ist es interessanterweise genau andersrum. Es sind vor allem neue Gäste, die das Val Surses bisher nicht kannten.» Julia ergänzt: «Viele von ihnen machen regelmässig Weitwanderungen und sind wegen des neuen Parc Ela Treks nun auch bei uns.»
Vom Südtirol in die Schweiz
Julia und Armin sind ein sehr erfahrenes Älpler-Paar. Bereits im heimischen Ultental gingen die gelernte Geometerin und der ausgebildete Heizungs- und Sanitärinstallateur regelmässig auf die Alp – oder die Alm, wie es im Südtirol heisst. Eines Tages kam Julia auf die Idee, es in der Schweiz zu versuchen. «Wir haben immer wieder gehört, dass es hier so schöne Grasalmen hat», meint sie schmunzelnd und betont: «Auf der Alp d’Err steht der Alpbetrieb im Mittelpunkt und die Sennerei erlaubt viel kreatives Arbeiten, das schätzen wir sehr. Zudem sind die Anstellungsbedingungen besser.» Im Südtirol hingegen sei die Hauptaufgabe in der Regel das Bewirten der Alpbeiz.
«In Graubünden ist der Tourismus sanfter, die Bewirtschaftungsform nachhaltiger und tierfreundlicher», sagt Armin. «Auf der Alp d’Err ist der ganze Kreislauf perfekt: Wir wissen, was die Kühe fressen, wie die Milch verarbeitet wird, und unsere Gäste geniessen die Produkte direkt auf der Alp.» Freude macht den beiden auch, was sie im Val d’Err alles sehen: viele Wildtiere, Vögel, Alpenblumen, spektakuläre Bergstimmungen. «Die Natur hier ist einfach gewaltig», so Armin. «Und wir geniessen es, dass wir auf der Alp als Familie beisammen sind», sagt Julia.
Die Kinder sind immer mit dabei
Den beiden ist es wichtig, die Kinder aufwachsen zu sehen und sie stets selber zu betreuen. Auf der Alp d’Err sind die Kleinen einfach überall mit dabei. Amalia (geb. 2015) hilft am liebsten dem Papa im Stall. Emil (2017), Alvin (2020) und der kleine Franz (2023) sind meistens bei der Mama in der Sennerei. Im Südtirol sind Sommerferien vom 15. Juni bis 5. September, der Alp- und Hüttenbetrieb dauert jedoch bis Ende September. Somit geht entweder Armin oder Julia bereits früher mit den Kindern heim. Für einige Wochen getrennt zu sein, ist für die ausgesprochenen Familienmenschen immer eine schwierige Zeit.
Kaum Freizeit, aber zufrieden
Und was machen die Sennin und der Älpler, wenn der Alpsommer vorüber ist? Julia arbeitet im Winter in der Skischule in Ulten, Armin macht Gelegenheitsjobs, sei es bei einer Tankstelle oder als Installateur. «Wir haben dann auch etwas mehr Zeit, um als Familie gemeinsam etwas zu unternehmen. Das geniessen wir», lachen sie. «Auf der Alp hingegen gibt es kaum Freizeit, sondern immer was zu tun.»
Es wird Zeit, sich wieder zu verabschieden. Denn die beiden haben noch einen langen Arbeitstag vor sich: Armin muss heute den Melkstand verschieben und auf Julia wartet ein Kessi voll mit Rohmilch. Zudem hat sich eine Gruppe Weitwanderer angemeldet, die soeben eingetroffen ist. Danke Julia und Armin für den feinen Milchkaffee – vor allem aber für eure Zeit und Herzlichkeit!
Text: Franco Furger und Bettina Bergamin
Fotos: Bettina Bergamin