Unterwegs in der Ferienregion.
Eine Nacht im autarken Alphaus
Hinweis: Die Unterkunft war ein Projekt im Sommer 2022 und kann nicht mehr gebucht werden!
Wenn der Akku leer ist, greife ich zum Ladekabel und suche eine Steckdose. Im Badezimmer fliesst Warmwasser, wann immer ich Lust auf eine Dusche habe. Solcher Komfort scheint mir wie selbstverständlich. Wie viel Energie und andere Ressourcen ich dabei verbrauche, darüber denke ich eigentlich nur selten nach.
Kennst du deinen Fussabdruck?
Dass sich die Leute mehr Gedanken über ihren Ressourcenverbrauch machen, will das Alphaus Val Surses erreichen. Während Gäste darin schlafen, kochen und duschen, müssen sie mit den vorhandenen Ressourcen, die im autarken Häuschen nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, haushälterisch umgehen. «Es geht darum, seinen energetischen Fussabdruck bewusst wahrzunehmen», sagt Enrico Uffer, Inhaber und Geschäftsleiter der Uffer AG.
In Zukunft will die Firma Uffer AG ihre preisgekrönten Module «QUADRIN» auch als autarke Bausysteme herstellen. Der Holzbauvisionär aus Savognin hat nun einen komplett autarken Prototyp hergestellt, der vor Ort Wasser aufbereitet und Energie erzeugt. Seit Anfang Juli steht dieses Ferienhaus der Zukunft beim Maiensäss Monas, ein malerischer Ort mit herrlicher Aussicht über das Val Surses. Gäste, die sich für nachhaltiges Wohnen interessieren, können darin übernachten.
Mystische Stimmung auf Monas
Ich erhielt die Chance, selber eine Nacht im Alphaus Val Surses zu verbringen. Zusammen mit meiner Freundin Caroline und ihrem sieben Monate alten Sohn Jakob liess ich mich auf das Experiment ein.
Urs Hefti, Projektleiter bei der Uffer AG und Entwickler vom autarken QUADRIN, holt uns am späten Nachmittag vor dem Tourismusbüro ab. Bei leisem Nieselregen fahren wir mit dem Auto hoch nach Monas. Oben öffnet sich der Blick aufs Tal, langgezogene Nebelschwaden winden sich den Bergen entlang. Eine mystische Stimmung.
Urs erklärt uns das ausgeklügelte System: Ein Wassertank sammelt Regenwasser, sodass rund 30 Liter pro Person und Tag zur Verfügung stehen. In einer Aufbereitungsanlagewird das Wasser mittels UV-Licht der Sonne behandelt und wird zu trinkfähigem Wasser. Das Schmutzwasser wird mit einer eigenen Kläranlage fachgerecht entsorgt, in einem kleinen Häuschen nebenan. Eine Photovoltaikanlage produziert Strom – «und zwar mehr als erwartet», freut sich der Fachmann. Geheizt wird CO2-neutral mit Holz. Dafür dient der eingebaute Stückholzofen, der nicht nur für eine wohlige Raumtemperatur, sondern auch für warmes Wasser sorgt.
Schlafen wie im Freien
Wir verabschieden uns von Urs, nun sind wir auf uns alleine gestellt. Im Alphaus riecht‘s nach Holz und wir fühlen uns sofort wohl. Der Wohnraum ist relativ klein, aber zweckmässig aufgeteilt: In der Mitte steht ein grosser Tisch, links davon das riesige Kajütenbett mit zwei grossen Bettflächen (1,20 x 2,00 m). Rechts befindet sich eine kleine Kochnische und nebenan ein abgetrenntes Badezimmer mit Toilette und Dusche. Auf einem Display können wir die verfügbare Wassermenge sowie die Boiler- und Heiztemperatur ablesen.
Ich klettere auf das obere Bett, um meine Sachen zu verstauen: Wow, was für eine Aussicht. Die Vorderseite des Hauses besteht aus einer grossen Fensterfront. Ich lege mich hin und betrachte die Bergwelt. Es fühlt sich an, als ob ich im Freien liegen würde. Ich freue mich schon aufs zu Bett gehen, doch vorher wollen wir noch etwas essen und die technische Einrichtung ausprobieren.
Und plötzlich geht nichts mehr
Auf dem Menüplan steht ein nachhaltiges Gericht mit regionalen Produkten aus dem Parc Ela, dem grössten Naturpark der Schweiz. Caroline hat Kartoffeln, Gemüse und Eier bereits im Kühlschrank verstaut. Ich fange an Kartoffeln zu schälen, fülle Wasser, das wie gewohnt aus dem Hahn gluckert, in die Pfanne, schalte die erste Herdplatte an und bald darauf die zweite fürs Gemüse.
Der Blick auf mein Handy sagt mir, dass der Akku bald leer ist, also ab an die Steckdose damit. Fürs perfekte Alphüttenfeeling fehlt jetzt nur noch ein heisser Tee. Ich befülle den elektrischen Wasserkocher und kippe den Schalter nach unten. Und dann wird’s plötzlich dunkel. Licht aus, Herdplatten aus. Nichts geht mehr.
Was ist passiert? Wir haben wohl das System überlastet. Nun wird’s uns wieder bewusst: Hey, wir sitzen nicht in irgendeinem Ferienhäuschen, sondern in einem autarken Alphaus, das nicht ans Stromnetz und an die Wasserversorgung angeschlossen ist!
Doch noch eine warme Mahlzeit
Wir versuchen die Sicherung einzulegen, doch der Technikraum sieht etwas komplizierter aus als der Sicherungskasten in meiner Wohnung. Immerhin bekommt Jakob sein Nachtessen wie geplant: Muttermilch, das ist mit Abstand am nachhaltigsten. Ich rufe Urs an. Der lacht und gratuliert mir, dass wir als erste das System zum Überlasten gebracht haben. Zum Glück kennt der Entwickler das Alphaus in- und auswendig und dank seiner Anleitung schaffe ich es, das System wieder hochzufahren.
Schlussendlich kommen wir doch noch dazu, unser leckeres Bergmenu zu essen. So bewusst haben wir wohl noch nie eine warme Mahlzeit genossen. Nun ist die Botschaft angekommen: Ja, wir gehen oftmals gedankenlos mit Ressourcen um. Und ja, wir kommen auch mit reduzierten Kapazitäten komfortabel durchs Leben.
Ein guter Ort zum Nachdenken
Zeit fürs Bett. Ich verkriech mich im oberen Stock des Kajütenbetts, geniesse den Blick ins Tal und auf die Lichterketten. Sieht wunderschön aus, braucht aber viel Energie, denke ich und lösche das Licht. Ich erinnere mich an die technische Instruktion bei der Anreise, wo uns gesagt wurde, am besten gehe man ins Bett, wenn‘s eindunkelt und stehe auf, wenn die Sonne aufgeht.
Am Morgen weckt uns zwar nicht die Sonne, aber die Wolken, die um die Bergspitzen ziehen, sorgen trotzdem für eine grandiose Stimmung. Wir geniessen ein einfaches Zmorga und machen uns schon bald auf den Rückweg. Schön ist’s hier oben und das Alphaus ein guter Ort um nachzudenken, über Nachhaltigkeit, Gott und die Welt.
Das nächste Mal ist dann wieder wie gewohnt Seraina unterwegs in der Ferienregion. Angraztg fitg ed alla proxima, Luana.